Epilog

Rezension

Solidarische Gesundheit

Text: Dr. Paul Kokott

Friedrich Schorb „Healthismus – Gesundheit als gesellschaftliche Obsession“,

Psychosozial-Verlag, Gießen 2024, 161 Seiten, 19,90 EUR ISBN: 978-3-8379-3353-6

Die Konzeption von Gesundheit als moralischem Werturteil wurde erstmalig 1980 vom US-amerikanischen Soziologen Robert Crawford als Healthismus bezeichnet. Healthismus basiert auf der Überzeugung, dass der eigene Körper beliebig formbar ist, dass Gesundheit eine Frage des Verhaltens ist, und dass chronische Krankheiten Folge einer falschen Lebensweise sind. Healthismus basiert also auf dem unerschütterlichen Glauben daran, dass wir als Individuen absolute Kontrolle über unseren Körper und über unser Leben haben können. Die dunkle Seite von Healthismus beinhaltet die Vorstellung, dass sich soziale Ungleichheit mit vermeintlich selbstverschuldeten gesundheitlichen Unterschieden rechtfertigen lässt.

Im ersten Teil dieses Buches wird die obsessive Beschäftigung mit Gesundheit als Herrschaftsinstrument und Distinktionsmittel analysiert. Der zweite Teil widmet sich mit der Ökonomisierung der Medizin auf der einen Seite und dem Bedeutungsgewinn medizinischer Interventionen auf der anderen Seite, die soziale Probleme nicht nur nicht lösen, sondern oft sogar verschärfen beziehungsweise überhaupt erst schaffen können. Der letzte Teil befasst sich mit der Frage, welchen Einfluss politische Reformen auf die gesundheitliche Lage der Bevölkerung haben.

Der Autor setzt sich mit dem Healthismus kritisch auseinander und plädiert für eine neue Form von solidarischer Gesundheit.


Gesundheitskompetenz

Text: Dr. Paul Kokott

Katharina Rathmann, Kevin Dadaczynski, Orkan Okan, Melanie Messer (Hrsg.): Gesundheitskompetenz,

Springer-Verlag, Berlin 2023, 874 Seiten, 189,00 EUR, ISBN: 978-3-662-67054-5

Unter Gesundheitskompetenz werden grundlegende Fähigkeiten subsumiert, die Menschen benötigen, um Informationen zur Gesundheit zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und für die Förderung, Erhaltung und Wiederherstellung von Gesundheit oder den Umgang mit Krankheit einzusetzen. Mit diesem Referenzwerk liegt ein erster umfassender deutschsprachiger Überblick mit über 70 Kapiteln vor, die in eine große Bandbreite von Themen der Gesundheitskompetenz einführen. Der selbstbestimmte Umgang von Menschen mit ihrer Gesundheit stellt ein wichtiges Ziel der Gesundheitsförderung dar. Die verschiedenen Facetten, Aspekte und Bezüge der relevanten Themen wie etwa die Ernährungskompetenz, der gesundheitswirksamen körperlichen Aktivität und die digitale Gesundheitskompetenz bis hin zur Gesundheitskompetenz, Empowerment und Arzt-Patienten-Beziehung sowie die Selbstwirksamkeit zur Stärkung des Selbstmanagements von Menschen mit chronischen Erkrankungen werden umfassend dargestellt und eingehend erläutert.

Zusammenfassend ein informationsdichtes Referenzwerk, fundiert, differenziert und ausschlussreich, das ein angemessenes Verständnis der vielschichtigen Gesundheitskompetenzproblematik befördert.