Aus dem ambulanten Bereich – für den ambulanten Bereich
Dr. Bernd Schüttrumpf, Hausarzt aus Sarstedt, hat den Studiengang für Primary Care Management mit aus der Taufe gehoben und damit eine akademisierte MFA geschaffen. Der Einsatzbereich ist groß – Red-Flags gibt es dennoch
Dr. Bernd Schüttrumpf ist Partner im „Hausärzteteam Sarstedt“ und beschäftigt acht MFAs, zwei davon sind auch VERAH und NäPa. Seit 16 Jahren arbeitet Sandra Bednarek in seiner Praxis und studiert nun bereits im letzten Semester Primary Care Management. Damit wird sie innerhalb der Praxis zum Bindeglied zwischen Ärzten und MFA.
Warum ich Primary-Care-Management studiere? Einerseits ging es mir um die Persönlichkeitsentwicklung, anderseits um die erweiterten Möglichkeiten innerhalb des MFA-Berufs wie beispielsweise Führungspositionen innerhalb des Teams zu übernehmen oder im Praxismanagement tätig zu sein.“ MFA Sandra Bednarek ist von ihrem beruflichen Weg überzeugt. Und auch ihr Chef, Hausarzt Bernd Schüttrumpf, ist sich sicher: „Frau Bednarek nimmt mir Arbeit ab, macht Praxismanagement, Abrechnung, Controlling oder auch Videosprechstunde, in denen sie stabile Befunde bespricht. Das muss ich dann nicht machen. Natürlich stehe ich aber immer für die Rückkopplung zur Verfügung. Für mich ist das eine große Entlastung.“
Nur für Hausarztpraxen
Bernd Schüttrumpf hat mit Kolleginnen und Kollegen im Hausärzteverband Niedersachsen und in Kooperation mit der Hochschule für Berufstätige (FOM) den bundesweit angebotenen Studiengang „Primary Care Management“ (PCM) aus der Taufe gehoben. „Wir haben uns im Verband gefragt, welche Möglichkeiten es gibt, in der ambulanten Hausarztpraxis eine akademisierte Fachkraft zu installieren“, erklärt Schüttrumpf. Da abgeschlossene VERAH- bzw. NäPa-Weiterbildungen und die Ausbildung zur MFA auf das fünfsemestrige Studium angerechnet werden, steigen die Interessierten direkt ins dritte Semester ein. Jedes Semester gibt es eine Präsenzwoche, ansonsten werden die Vorlesungen und Seminare online abgehalten – und vor allem berufsbegleitend. Am Ende steht der Bachelor of science.
Bisher gab es drei Durchgänge und 84 Absolventinnen. In der im September 2025 startenden Kohorte können Azubis das Studium bereits begleitend zur Ausbildung beginnen, werden also MFA, ergänzen die VERAH und satteln das Studium obenauf. „Dieser Weg ist aber für Abiturientinnen gedacht“, erklärt Schüttrumpf. „Das Interesse an diesen Studiengängen nimmt zu, weniger bei den älteren Kolleginnen, aber deutlich bei den jüngeren, die den Wunsch nach einer Akademisierung hegen.“ Im Fokus stünden die interessanteren Aufgaben und persönlichen Herausforderungen. „Auch als Arbeitgeber werden wir attraktiver, wenn wir diese Weiterbildungen unterstützen“, ist er sich sicher. Ein Plus im größer werdenden Kampf um die besten MFA. „Es macht den Beruf attraktiver, die gegenseitige Wertschätzung steigt und auch die Praxisbindung.“ Seine Mitarbeiterin Sandra Bednarek ist mittlerweile 13 Jahre in der Praxis. Schüttrumpf hat sie für das Studium sogar zeitweise freigestellt.
„Primary Care Manager sind vielseitig einsetzbar, sie kommen aus dem ambulanten Bereich und bleiben im ambulanten Bereich.“
Dr. Bernd Schüttrumpf
Quelle: Hausärztinnen- und Hausärzteverband Niedersachsen e.V.
Reines Delegationsmodell
Grundsätzlich arbeiten die PCM unter ärztlicher Aufsicht. Wollten anfangs die meisten Absolventinnen – die Studierenden sind bislang bis auf ganz wenige Ausnahmen weiblich – vor allem rein klinisch bzw. am Patienten tätig werden, gehen mittlerweile ein Drittel in Richtung Praxis- und Teammanagement und organisieren die Abläufe in der Hausarztpraxis. Aber auch die Durchführung der Infekt- oder Akutsprechstunden, die Unterstützung bei Ultraschalluntersuchungen, die Vorinterpretation von EKG-Ergebnissen oder Hausbesuche, die eine nicht akademisierte VERAH nicht leisten könnte, weil beispielsweise kompliziertere Verläufe kontrolliert werden müssen, sind geeignete Aufgaben. Die Patientinnen und Patienten reagieren dabei absolut positiv. „Die gestehen der PCM eher mal, dass sie beispielsweise ein Medikament nicht so genommen haben, wie sie es sollten“, berichtet Schüttrumpf und fügt an: „Die PCM trägt aber auch eine hohe Verantwortung. Man muss den gefährlichen Fall erkennen können.“ An der Hochschule lernen die Studierenden daher, was Warnsignale sind und wie auf sie reagiert werden muss. Dazu gehört auch, die „Red-Flags“ zu kennen, um den eigenen Verantwortungsbereich nicht zu überschreiten und rechtzeitig die ärztliche Seite einzuschalten. Grundsätzlich haben immer die Ärztin oder der Arzt das letzte Wort. Schüttrumpf fasst zusammen: „Primary Care Manager sind vielseitig einsetzbar, sie kommen aus dem ambulanten Bereich und bleiben im ambulanten Bereich – das ist für uns das Entscheidende.“ In Zeiten des Ärztemangels sorgen sie so für eine Sicherstellung und Entlastung der vertragsärztlichen Versorgung.