Eine Software bringt Ordnung in der Notfallversorgung
SmED ordnet schon am Telefon bei der 116117 Patienten in die richtige Versorgungsebene
Das Problem wird landauf, landab diskutiert: Im Falle einer plötzlichen Erkrankung oder Verletzung bestimmen zunehmend die Betroffenen selbst darüber, wie schwerwiegend ihr gesundheitliches Problem ist. Immer mehr Menschen gehen dann auch mit harmlosen Beschwerden in die Notaufnahmen der Krankenhäuser – getreu dem Motto: „Im Krankenhaus gibt es sicher alles, was mir jetzt helfen kann.“ Doch solange Patienten sich selbst einweisen, sind Fehleinschätzungen vorprogrammiert. Rund 70 Prozent der Betroffenen beurteilen ihre Beschwerden hinsichtlich der Dringlichkeit und der notwendigen Handlungen anders als medizinische Fachpersonen.
Die Folgen sind lange Wartezeiten in den Notaufnahmen, die sich vor Bagatellfällen kaum retten können. Dabei wären die Patienten im kassenärztlichen Bereitschaftsdienst besser aufgehoben.
Tatsächlich wird bundesweit in den Callcentern der Kassenärztlichen Vereinigungen unter der Telefonnummer 116117 seit 2020 bereits am Telefon eine strukturierte medizinische Ersteinschätzung vorgenommen und danach entschieden, welche Art von Hilfe der Anrufende benötigt: „SmED – strukturierte medizinische Ersteinschätzung Deutschland“ heißt die Software.
SmED ermöglicht durch gezielte und strukturierte Fragen der geschulten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Callcenter eine fundierte Empfehlung zur Behandlungsdringlichkeit und zum geeigneten Behandlungsort. Dies unterstützt die Mitarbeitenden bei der 116117 und die Patienten bei der Entscheidungsfindung bezüglich der optimalen Versorgungsmöglichkeiten in Akut- und Notfällen. Die Fragen werden dem medizinischen Fachpersonal durch das Softwareprogramm vorgegeben. Anhand der Antworten gibt das Programm nach wenigen Minuten eine Empfehlung für die Weiterbehandlung des Patienten. Dafür gibt es eine ganze Palette von Möglichkeiten – von einer telefonischen Beratung über die Vermittlung eines Hausbesuchs, die Weiterleitung an eine Bereitschaftsdienstpraxis oder eine Klinikambulanz bis hin zur Alarmierung des Rettungsdienstes.
Das Verfahren dient dazu, Menschen, die sich selbst als akut behandlungsbedürftig einschätzen, ohne dass eine erkennbar lebensbedrohliche Situation vorliegt, effektiv ambulant zu versorgen.
SmED basiert auf dem evidenzbasierten Swiss Medical Assessment System (SMASS), das in der Schweiz seit mehreren Jahren erfolgreich implementiert und eingesetzt wird.
SmED ist für den Einsatz in medizinischen Callcentern vorgesehen. Doch dabei soll es nicht bleiben. Nach Aussagen des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung (Zi), das für die Weiterentwicklung von SmED zuständig ist, könnte es in Zukunft auch an gemeinsamen Tresen von Portalpraxen und Krankenhaus-Notfallambulanzen zum Einsatz kommen.
Vorerst erreicht SmED nur diejenigen, die die 116117 anrufen. Wer gleich in die Notaufnahme fährt, umgeht die digitale Triage – vorerst noch.