Schwerpunkt

Historie

Ein Blick zurück

Die Historie des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes

Text: Detlef Haffke

Bis zum Jahr 2007 gab es in Niedersachsen 339 Notdienstringe mit einem (sic) bis 633 Ärzten pro Ring. Die Einteilung der Ärztinnen und Ärzte erfolgte weitgehend autonom und alle Ringe hatten eigene Telefonnummern, die wöchentlich oder sogar täglich wechselten. Diese Nummern fanden die Bürger in der lokalen Presse. Eine klare Trennung zwischen „Sitzdienst“ und „Fahrdienst“ gab es nicht. Schon aus Gründen der Gerechtigkeit und der innerärztlichen Solidarität im Sinne einer gleichmäßigeren Dienstbelastung war dieser Zustand nach Einschätzung der Vertreterversammlung nicht länger hinnehmbar.

Neue Notfalldienstordnung 2007

Die erste große Reform des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes fand im Jahr 2007 statt. Aus Sicht der damaligen Vertreterversammlung war die Neuordnung des Notfalldienstes in Niedersachsen zwingend notwendig. Gerungen wurde bis zum Schluss um Detailfragen. Ein zentraler Diskussionspunkt waren die Kosten für die Einrichtung weiterer Notdienstpraxen an Krankenhäusern und die „Unbequemlichkeit“ des Dienstes in einer zentralen Praxis statt in der eigenen. Eine betriebswirtschaftliche Analyse der KVN entkräftete das Kostenargument jedoch schnell. Durch den größeren Einzugsbereich und die Nähe zum Krankenhaus stieg das Fallaufkommen pro Dienst enorm. Durch die sehr viel höheren Fallzahlen pro Dienst wurden die Betriebskosten der Notfallpraxen mehr als kompensiert.

Die Ziele der damaligen Reform: Es sollten weniger Dienste für den Einzelnen pro Quartal anfallen (maximal vier) und die Dienstfrequenzen sollten gerechter auf alle Schultern verteilt werden. Eine gerechte Honorierung war ein weiterer Aspekt. Bessere Perspektiven für die ärztliche Nachwuchsgewinnung aufgrund einer geringeren Dienstbelastung und für die Praxisabgabe sollten eröffnet werden.

Die Neufassung der Notfalldienstordnung umfasste 2007 dann vier Kernpunkte:

  1. Die Notdienstbereiche wurden vergrößert und dabei berücksichtigt, dass die Ärztinnen und Ärzte im Fahrdienst die Patienten in angemessener Zeit erreichen können bzw. die Patienten den Sitzdienst in den Praxen. Die KVN startete mit 78 Notdienstbereichen.
  2. In jedem Notdienstbereich wurde – soweit möglich – eine zentrale Notfallpraxis für den „Sitzdienst“ eingerichtet. 2007 gab es bereits 20 zentrale Notfallpraxen an Krankenhäusern.
  3. Eine Befreiung von der Verpflichtung zur Teilnahme am Notfalldienst war für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte nur aus schwerwiegenden Gründen möglich.
  4. Jeder zum Notfalldienst verpflichte Arzt und jede Ärztin hatte den Dienst persönlich durchzuführen. Die Vertretung im allgemeinen Notfalldienst konnte grundsätzlich nur durch eine Ärztin oder einen Arzt erfolgen, die oder der die Voraussetzungen für die Eintragung in das Arztregister, also die Facharztweiterbildung, erfüllte.

Anfangs gab es viel Kritik

Besonders in strukturschwachen Regionen Niedersachsens waren anfangs die Sorgen und Ängste der Bevölkerung und der Kommunalpolitiker laut geworden. Die Befürchtung: zentralisierte und große Notdienstbereiche verschlechtern die Versorgung der Patienten. Besonders die langen Anfahrtswege für Ärzte aber auch Patienten standen in der Kritik. Doch gerade die Zentralisierung der Praxen an den Krankenhäusern entwickelte sich schnell sehr positiv. Der Vorteil für die Patientinnen und Patienten bestand in der immer gleichen Anlaufstelle, die sie zu immer gleichen Zeiten erreichen konnten. Auch die Telefonnummer blieb in vielen Bereichen identisch.

Seit 2012 einheitliche Rufnummer 116117

Die 116117 wurde im April 2012 bundesweit einheitlich für den ärztlichen Bereitschaftsdienst eingeführt und löste die unterschiedlichen Telefonnummern ab. Das Personal der 116117 kann je nach Bedarf den Patienten an eine Bereitschaftspraxis vermitteln, einen Arzt nach Hause schicken oder bei der Suche nach einem kurzfristigen Termin bei einer Fachärztin oder einem Facharzt behilflich sein.

Fahrdienst in Niedersachsen bis zum Juni 2025

Seit 2007 kam es in Niedersachsen immer wieder zu Anpassungen im kassenärztlichen Bereitschaftsdienst. Bis zum Juni 2025 gab es insgesamt 75 Bereitschaftsdienstbereiche in Niedersachsen und 70 Bereitschaftsdienstpraxen in oder an Krankenhäusern. Pro Schicht wurden für den fahrenden Bereitschaftsdienst niedersachsenweit durchschnittlich 86 Ärztinnen und Ärzte eingeteilt.