„Der Tab ist immer auf“
Hausarzt Jens Wagenknecht macht mit bei der Telemedizin im Bereitschaftsdienst und schätzt das neue Modell.
Hausarzt Jens Wagenknecht hat seine Praxis in Varel und ist Mitglied der Vertreterversammlung der KVN. Er stimmte für die Bereitschaftsdienstreform und ist selbst telemedizinisch aktiv dabei. Von den Kolleginnen und Kollegen vernahm er vor allem eine eindeutige Rückmeldung: „Wir haben keinen Dienst mehr – Hurra!“
Jens Wagenknecht ist Hausarzt und Mitglied der Vertreterversammlung der KVN und hat sich in dieser Funktion schon früh mit der Reform des Bereitschaftsdiensts beschäftigt. Zunächst blickt er zurück: „Damals war der Bereitschaftsdienst ein Besuchsdienst. Der Arzt kam nachts mit seinem Köfferchen rausgefahren zu Kindern mit Ohrenschmerzen. Das hat viel Zeit gekostet. Und bei vielen Patientinnen und Patienten war es einfach nicht nötig, sie zuhause zu besuchen.“
Brandbeschleuniger Corona
In der Corona-Zeit sei dieses „Besuchsgeschäft“ beinahe zum Erliegen gekommen, berichtet Wagenknecht. Patienten seien stattdessen angerufen und gefragt worden, was Sie denn hätten. Corona, so Wagenknecht, war ein Brandbeschleuniger für die Reform des Bereitschaftsdienstes. „Wir haben schnell gemerkt, dass immer weniger Vor-Ort-Besuche gebraucht wurden und gleichzeitig zeigte sich, dass dies auch praktikabel war. Die Menschen sind ja nicht wie die Fliegen gestorben, nur weil wir nachts nicht mehr so viel rumgejuckelt sind. Der Wunsch in der Vertreterversammlung war schon seit langem groß, den Dienst besser zu strukturieren.“
Je weiter die Reformideen kamen, desto stärker kam der Gedanke auf, einen Dienstleister hinzuzuziehen. „Ich fand das zunächst befremdlich“, sagt Wagenknecht, „aber dann habe ich Neugier entwickelt. Zur Teilnahme an der Telemedizin und zur Nutzung der TeleClinic-Software kam ich somit auch aus berufspolitischem Kontrollinteresse.“
„Ich genieße den neuen Luxus, keine Verpflichtung mehr zu haben, Dienst machen zu müssen.”
Jens Wagenknecht
Ein einfaches übersichtliches und gut funktionierendes System
„Ich habe die TeleClinic-Website auf meinem iPad. Der Tab ist immer auf“, sagt Wagenknecht. „Und wenn ich nach etwas google, schaue ich anschließend auch beim Bereitschaftsdienst mal rein.“
Wagenknecht loggt sich auf der Plattform ein. Zu den Bereitschaftsdienstzeiten sieht er auf dem Monitor einen grünen KVN.akut-Button. Dahinter verbirgt sich die Warteliste mit den aktuellen telemedizinischen Fällen. Der Arzt kann hier schon die Anliegen der Patientinnen und Patienten einsehen und für sich einschätzten. Die Patienten haben die Möglichkeit, auch Fotos hochzuladen, um die Diagnose zu erleichtern. Auch die bereits über SmED gestellte Anamnese aus der 116117 ist hinterlegt. Wagenknecht muss nun nur noch auf „Annehmen“ klicken, um einen Fall zu übernehmen.
Er wähle sich fast jeden Abend ein, ohne sich aber immer zu beteiligen, erklärt Wagenknecht. „Ich habe keine festen Zeiten und genieße den neuen Luxus, keine Verpflichtung mehr zu haben, Dienst machen zu müssen. Ich entscheide, ob ich einen Fall übernehme oder nicht. Und ich bin erstaunt, wie viel man, nur weil man sich sieht, abarbeiten kann. Die Beratungsleistung lässt sich telefonisch oder im Videocall auch ganz wunderbar abschließen.“ Die Einschränkungen des Telefons findet Wagenknecht jedoch schade und plädiert eindeutig für den Videocall. Auch den Patienten gefällt das neue System. Die Bewertungen über Wagenknecht auf der TeleClinic-Seite lesen sich entsprechend positiv: freundlich, sympathisch, kompetent, alles gut erklärt, schnell und unkompliziert.
„Die Rückmeldungen bestärken mich darin, dass diese Methodik auch für den für den Arzt fremden Patienten – in Grenzen – wirklich gut funktionieren kann, auch wenn am Ende natürlich eine Gruppe übrigbleibt, die im Rahmen des fahrenden Bereitschaftsdiensts besucht werden muss.“
Nur ältere Patienten, die es noch anders kennen, hätten manchmal ein bisschen Probleme mit der neuen Vorgehensweise. Da seien Enttäuschungen nicht immer ausgeschlossen. Dennoch ist Wagenknechts Fazit eindeutig: „Es war die richtige Entscheidung. Für die Patientinnen und Patienten ist es besser geworden, weil sie einen garantierten Arztkontakt haben, der zuverlässiger und schneller ist, als das, was wir vorher angeboten haben. Die Notaufnahmen der Krankenhäuser profitieren ebenfalls davon. Die Beschwerden der Patienten sind weniger geworden. Der unnötige Arztbesuch kann vermieden und doch nötige Besuche können zum Teil von Gesundheitsfachkräften übernommen werden.“ Ein sehr häufiges Thema im Bereitschaftsdienst, sagt der Arzt, um ein Beispiel zu nennen, seien blockierte Katheter. „Hier kann eine Gesundheitsfachkraft helfen. Das ist super und entlastet die Ärztinnen und Ärzte und damit das System.“