HzV als Wegbereiter für fach- und sektorenübergreifende Versorgung
Foto: HÄVN, Jonas Gonell
Die demografische Entwicklung und der sich zuspitzende Fachkräftemangel stellen die ambulante Versorgung insgesamt vor große Herausforderungen. Es wird immer schwerer, bei begrenzten Ressourcen die Patientenversorgung aufrechtzuerhalten.
Auch aus Patientensicht ist es wichtiger denn je, dass Behandlung und Versorgung gut aufeinander abgestimmt sind – insbesondere bei älteren und multimorbiden Menschen. In einer Versorgungslandschaft mit zunehmender Subspezialisierung gewinnt bei steigender Multimorbidität und somit parallel stattfindenden Behandlungen einzelner Erkrankungen durch unterschiedliche Fachrichtungen eine stärkere Priorisierung und Koordination der Behandlung an Relevanz. Dies beinhaltet nicht nur die Entscheidung und ggf. das aktive Eingreifen in Therapieansätze (z.B. aufgrund der Interaktion bestimmter Medikamente) durch Hausärztinnen und Hausärzte, sondern auch die fachübergreifende Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen den Fachdisziplinen.
Die hausärztliche Koordination muss gezielt gestärkt und strukturell gefördert werden. Genau hier setzt die Hausarztzentrierte Versorgung (HzV) an: Seit mittlerweile 15 Jahren bietet sie mit ihren Add-on-Verträgen ein bewährtes Fundament – und zugleich Raum für innovative Lösungen. Gerade bei unter- oder fehlversorgten Erkrankungen eröffnen flexible Vertragsmöglichkeiten große berufs- und sektorenübergreifende Chancen.
„Es wird stärker darauf ankommen, nicht-ärztliche Gesundheitsberufe sinnvoll einzubinden, wie beispielsweise akademisierte Primary Care Manager.“
Einmal als praxistauglich erprobte Versorgungslösungen sollen nicht in der HzV verbleiben. Nützliche Werkzeuge lassen sich in die Praxis übertragen, wie die Versorgungsassistenz in der Hausarztpraxis (VERAH) beweist: Was als ergänzende Struktur in der HzV begonnen hat, ist inzwischen in Niedersachsen auch als Nichtärztliche Praxisassistenz (NäPa) fester Bestandteil der Regelversorgung. Grundsätzlich wird es künftig stärker darauf ankommen, nicht-ärztliche Gesundheitsberufe sinnvoll einzubinden, wie beispielsweise akademisierte Primary Care Manager (PCM).
Ein Beispiel, wie sich diese Entwicklung in die Fläche bringen lässt, sind die Hausärztlichen Primärversorgungszentren (HPVZ) in Niedersachsen. Sie bündeln nicht nur klassische hausärztliche Versorgung, sondern ergänzen diese um verbindliche Qualitätskriterien und fördern interprofessionelle Vernetzung. Hausarztprogramme und multiprofessionelle Teams mit Versorgungsassistenzen in der Hausarztpraxis (VERAH) oder PCM (Primary Care Manager) sind fester Bestandteil der HPVZ-Zertifizierung.
Hier bilden sich wichtige Kooperationsstrukturen aus: Durch die enge Verzahnung mit weiteren Gesundheitsberufen sowie spezialisierten Fachärztinnen und Fachärzten wird eine koordinierte, ressourcenoptimierte Versorgung realisiert, die auch eine gezieltere Inanspruchnahme fachärztlicher Kompetenz fördert. Ein nächster Schritt könnte der Ausbau von konkreten Kooperationsverträgen mit gebietsfachärztlichen Professionen – egal ob ambulant oder stationär – sein. Denkbar wäre z.B. ein gemeinsames Angebot für eine gebietsfachärztliche Sprechstunde oder ein Video-Konsil in HPVZ.
Für HPVZ könnte zudem über eine Kooperation mit regionalen Krankenhäusern ein garantiertes und optimiertes, gegenseitiges Aufnahme- und Entlassmanagement ein vielversprechender Kooperationsansatz sein. Durch die verbindliche Zusammenarbeit wird sichergestellt, dass die ambulante Versorgung nahtlos an die stationäre Behandlung anschließt (und umgekehrt) und dadurch „Versorgungslücken“, vermeidbare Komplikationen oder Rehospitalisierungen reduziert werden.