Schwerpunkt

Versorgung

Innovationslabor für zukünftige hausärztliche Versorgung

73b-HzV-Add-on-Verträge in Niedersachsen

Text: Tim Fischer

Im Mittelpunkt der Hausarztprogramme steht ein klar definiertes Grundprinzip: die Qualitätsmanagement- und Strukturpauschale mit kontinuierlicher, verbindlicher Arzt-Patienten-Bindung. Dazu gehören zum Beispiel Sondersprechstunden, verpflichtende regelmäßige geriatrische Fortbildungen, Fokus auf patientenzentrierte Gesprächsführung und der Qualifikationsnachweis der psychosomatischen Grundversorgung in der Hausarztpraxis. Ergänzt werden diese Strukturelemente durch HzV-Module, die spezielle medizinische Probleme über den Kollektivvertrag hinaus adressieren. Dazu gehören zum Beispiel Angebote zur erweiterten Prävention, Arzneimittelmanagement, Diabetikerbetreuung, Pflegeheimversorgung oder das Management von multimorbiden Patientinnen und Patienten.

In Niedersachsen haben sich diese Module als dynamisches Instrument der hausarztzentrierten Versorgung entwickelt. Sie bieten definierte Leistungskomplexe und können von teilnehmenden Hausarztpraxen gezielt dort eingesetzt werden, wo sie medizinisch und organisatorisch sinnvoll sind. Im guten Konsens zwischen den Hausärztinnen- und Hausärzteverbänden, den beteiligten Krankenkassen sowie der KV Niedersachsen entstehen so Versorgungsmodelle für Niedersachsen, die gezielt Lücken in der Versorgung schließen und auf aktuelle Herausforderungen schnell reagieren können. Jede Krankenkasse implementiert die Module abhängig von ihrer individuellen Einschätzung des Versorgungsbedarfes ihrer Mitglieder.

In Diskussion und Vorbereitung sind aktuell weitere HzV-Module, die sich mit Patientenneuaufnahmen in Pflegeheimen oder Integration weiterer digitaler Anwendungen in die hausärztliche Versorgung beschäftigen. Diese Entwicklungen werden fortlaufend im engen Dialog zwischen den Hausärztinnen- und Hausärzteverbänden, den Vertragspartnern und der beteiligten KV Niedersachsen aus der Praxis gestaltet.

Innovativ für die Regelversorgung

Ein wesentliches Merkmal der Hausarztzentrierten Versorgung ist ihre Innovationskraft. Dort, wo Hausärztinnen und Hausärzte oder die Krankenkassen Versorgungslücken oder qualitative Defizite erkennen, werden neue Module gemeinsam entwickelt immer mit dem Ziel, eine bessere und strukturiertere Versorgung zu ermöglichen. Zukunftsthemen wie Hitzemanagement, Multimorbidität, neue Präventionsansätze oder der Einsatz von KI-gestützter Diagnostik in der hausärztlichen Praxis – etwa bei Hautkrebs oder in der Telemedizin könnten beispielsweise in Zukunft an Bedeutung gewinnen und über spezielle Module praxisnah erprobt und weiterentwickelt werden. Weitere Elemente zu Patientenverfügungen, Palliativversorgung, Einsamkeit oder Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen sind ebenso denkbar.

So funktionieren die 73b-HzV-Add-on-Verträge Niedersachsen

HzV-Add-on-Verträge sind immer an eine spezifische Krankenkasse gebunden und ergänzen den bestehenden Kollektivvertrag, ohne ihn zu ersetzen. Sie können parallel zur Regelversorgung genutzt werden – je nach Krankenkasse und Vertrag. Inhaltlich leben sie davon, dass regional im Bundesland Niedersachsen oder in Einzelfällen lokal begrenzt Innovationen angeschoben werden, die in einem bundesweit organisierten und verhandelten Kollektivvertragssystem so nicht möglich sind.

Alle Verträge basieren auf folgenden Prinzipien: Hausärztliche Versorgung aus einer Hand, mit verbindlicher Patientenbindung und vertraglich geregelten Versorgungsstandards. Die Verwaltung der Verträge erfolgt über die KV Niedersachsen. Jede niedergelassene Hausärztin und jeder niedergelassene Hausarzt kann bei Erfüllung der entsprechenden vereinbarten Strukturmerkmale an den Verträgen teilnehmen.

Patiententeilnahme nur bei beteiligter Krankenkasse

HzV-Add-on-Verträge sind immer an eine spezifische Krankenkasse gebunden. Eine Teilnahme ist nur möglich, wenn die Patientin oder der Patient bei einer teilnehmenden Kasse versichert ist und der behandelnde Hausarzt oder die behandelnde Hausärztin am entsprechenden Vertrag mit der Kasse teilnimmt.

VERAH

Die „Versorgungsassistenz in der Hausarztpraxis (VERAH)“ ist zunächst als Modell der HzV durch den Hausärztinnen- und Hausärzteverband erfunden worden. Inzwischen existiert sie als Nichtärztliche Praxisassistenz (NäPa) in der Regelversorgung. Als speziell geschultes Praxispersonal übernehmen sie delegierbare Leistungen, dokumentieren strukturiert und begleiten Patienten vor Ort – beispielsweise im Bereich Diabetes oder Wundmanagement. VERAH entlasten Hausärztinnen und Hausärzte und strukturieren die Betreuung chronisch Kranker. Zur VERAH fortbilden lassen können sich zum Beispiel erfahrene Medizinische Fachangestellte (MFA).

Qualifikationskriterien und Kurse zur VERAH-Fortbildung finden Sie auf www.verah.de.

Vorteile für teilnehmende Praxen

  • erhöhte Zufriedenheit der Mitarbeitenden
  • strukturiertere und damit sinnvollere ärztliche Tätigkeit
  • höhere Berufszufriedenheit
  • Honoraranreize für verbesserte Patientenversorgung
  • zusätzliche Versorgungsbausteine für chronisch Kranke und Prävention
  • innovative Module für aktuelle Versorgungsthemen
  • planbare Strukturen im Praxisalltag durch klare Standards und stabile Patientenbindung
  • Steigerung der Verbindlichkeit in der Arzt-Patienten-Beziehung durch ein gegenseitiges Bekenntnis füreinander
  • erhöhtes Verantwortungsgefühl von Arzt für Patient sowie erhöhtes Umsetzen von Handlungsempfehlungen und Therapieplänen (Steigerung der Patienten-Compliance)
  • weniger chaotische direkte Inanspruchnahme von unangemessener Versorgungsebene mit „unnötigem Nacharbeiten“ in der Hausarztpraxis
  • modellhafte Erprobung quartalsunabhängiger, und damit Arzt-Patienten-Kontakt reduzierender Vergütungsmodelle

So machen Sie mit!

  1. Teilnahmeantrag anfordern
    Über Ihre KVN-Bezirksstelle oder im KVN-Portal („HzV“).
  2. Anträge ausfüllen und unterschreiben
    LANR, BSNR und Pflichtangaben ergänzen.
  3. Anträge (für jede Kasse einzeln) einreichen
    Postalisch an die KVN-Bezirksstelle.
  4. Genehmigung erhalten
    Nach Prüfung erhalten Sie Ihre Teilnahmebestätigung.
  5. Patienten ansprechen und einschreiben!