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Jan Seeger, Dr. Matthias Berndt, Thorsten Schmidt und Dr. Carsten Gieseking (von links) diskutierten auch nach dem gemeinsamen Gespräch noch weiter.

„Wir verfolgen alle ein gemeinsames Ziel: eine verlässliche Versorgung.“

KVN-Vize Thorsten Schmidt, der Hausarzt und Vorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes Niedersachen, Dr. Matthias Berndt, Hausarzt Dr. Carsten Gieseking und der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der AOK-Niedersachsen Jan Seeger über 15 Jahre hausarztzentrierte Versorgung in Niedersachen: ein Gespräch.

Interview: Lars Menz und Tim Fischer — Fotos: Andrea Seifert

Kvn.magazin: Was haben 15 Jahre Hausarztzentrierte Versorgung (HzV) in Niedersachsen für die Patientinnen und Patienten gebracht?
Carsten
Gieseking:
Klare Zuständigkeit, kürzere Wege, weniger unnötige Arztkontakte, mehr Prävention sowie Vertrauen und Struktur.
Matthias
Berndt:
Strukturell ist die Versorgung planbarer geworden. Prozesse laufen geordneter ab, besonders bei Chronikern oder Impfungen.
Thorsten
Schmidt:
Die HzV stärkt die Arzt-Patienten-Bindung und verbessert die Versorgungsqualität.

Sehen das die Patientinnen und Patienten ebenso?
Gieseking:
Anfangs war es gemischt, viele fragten, was sie davon hätten. Ein echter finanzieller Anreiz hätte geholfen. Leider konnten wir den nicht durchsetzen.
Berndt:
Inzwischen haben die meisten aber den Wert dieses gesteuerten Systems erkannt und kommen aktiv in die Praxis, um sich im Hausarztprogramm anzumelden.
Schmidt:
Natürlich mussten wir zunächst eine Kommunikationsoffensive für die Praxen und die Patientinnen und Patienten starten. Auf lange Sicht haben die Inhalte des Vertrags überzeugt.

Nochmal einen Schritt zurück: Was war der Grund, damals die hausarztzentrierte Versorgung in Niedersachsen einzuführen?
Berndt: Es gab die Überzeugung, dass Hausarztprogramme die medizinische Versorgung verbessern können.
Gieseking: Wir haben früh erkannt: Die HzV ist ein Weg, sowohl die Versorgungsqualität als auch die Praxiserlöse zu verbessern. Dass sie nebenbei auch zu stabileren Strukturen beiträgt, war für uns ein willkommener Effekt.
Schmidt: Und, nicht zu vergessen, die Politik hat mit der Einführung des Paragraphen 73b im SGB V einen eigenen gesetzlichen Rahmen für die Hausarztzentrierte Versorgung geschaffen, um die Rolle der Hausärztinnen und Hausärzte zu stärken. In Niedersachsen waren wir uns vor 15 Jahren schnell mit den niedersächsischen Hausärztinnen- und Hausärzteverbänden einig, dass wir die HzV gemeinsam umsetzen im Gegensatz zu anderen Bundesländern.
Berndt: Das war von Anfang an eine „Win-win-win-Situation“. Zum Vorteil der Patientinnen und Patienten, der Krankenkassen und der hausärztlichen Praxen gleichermaßen.

Wie entstand damals das Konzept?
Berndt: Ich war damals noch nicht in meiner heutigen Position tätig und daher nicht direkt an den initialen Verhandlungen beteiligt. Mir wurde aber berichtet, dass es sehr viele Gespräche gab, gern auch mal bei Currywurst bis spät in die Nacht hinein. Gemeinsam wurden dabei auch andere Primärarztmodelle im europäischen Raum betrachtet.
Schmidt: Das Konzept wurde 2009 und 2010 in einer sogenannten Bietergemeinschaft aus den Hausärzteverbänden Niedersachsen und Braunschweig und der KVN auf der einen und der AOK Niedersachsen auf der anderen Seite entwickelt und abgeschlossen. Das war bundesweit der erste hausarztzentrierte Versorgungsvertrag, den Hausärzteverbände gemeinsam mit einer Kassenärztlichen Vereinigung und einer Krankenkasse abgeschlossen haben. Aus Sicht der KVN wollten wir unbedingt die Abwicklung der HzV aus einer Hand – also mit dem Abrechnungs-Know-how der KVN. Ein Selektivvertrag ohne KV kam für uns nicht in Frage. Das haben die Vertragspartner glücklicherweise auch so gesehen. Eberhard Gramsch vertrat damals als Vorstandsvorsitzender die KVN und der heute noch amtierende Dr. Jürgen Peter die AOKN. Federführend auf Seiten der Verbände waren Dr. Heinz Jarmatz und Dr. Carsten Gieseking.
Gieseking: Wir mussten eine gesetzlich vorgeschriebene Mandatierung erreichen also über 50 Prozent der Fachärzte für Allgemeinmedizin in Niedersachsen und Braunschweig organisieren. Nur so durften wir mit den Kassen verhandeln. Wir haben uns bewusst für einen Vertrag mit Beteiligung der KVN entschieden, auch um die Abrechnung über bekannte Strukturen zu ermöglichen. Diese Einbindung war ein strategisch kluger Schritt.
Berndt: Die AOK war bereit, um die Qualität der Versorgung ihrer Patienten zu verbessern, in die Strukturqualität der Praxen zu investieren und diese durch Anreizsysteme zu motivieren, die Strukturen auch auszufüllen. Das hat funktioniert.

Haben Sie damals bei der Entwicklung Ihre persönlichen Erfahrungen eingebracht?
Gieseking: Ja, sehr konkret. Etwa bei der Frage, wie man Chroniker sinnvoll betreut, wie gutes Medikationsmanagement funktioniert oder wie man Kolleginnen und Kollegen bei der Einschreibung unterstützt.

„Der Vertrag mit der AOKN diente zudem als Muster für andere Krankenkassen, die sich dann sehr schnell der HzV angeschlossen haben.“

Thorsten Schmidt,
stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung

Wie haben die Ärztinnen und Ärzte in den Praxen das Hausarztprogramm damals angenommen?
Berndt: In der Anfangsphase gab es eine knappe Mehrheit in der Hausärzteschaft, die die Vision eines freiwilligen Primärarztsystems teilte und die Vorteile von gesteuerter Patientenversorgung verstanden hatte. Andere scheuten den Mehraufwand in der eigenen Praxis. In den Folgejahren nahmen die Teilnahmezahlen dann deutlich zu. Heutzutage ist im Grunde jede „echte Hausarztpraxis“ in Niedersachsen Vertragsteilnehmer der HzV-Add-on-Verträge.
Schmidt: Der Vertrag mit der AOKN diente zudem als Muster für andere Krankenkassen, die sich dann sehr schnell der HzV angeschlossen haben.

Herr Seeger, die HzV wurde damals als Add-on-Vertrag realisiert. War das eine unkomplizierte Möglichkeit, das Thema zu lösen?
Seeger: Nein, das war sogar sehr kompliziert, da es bis dato nur Vollversorgungsverträge in Bayern und Baden-Württemberg gab.

Was macht die Add-on-Verträge so besonders?
Gieseking: Die Akzeptanz war beim Add-on-Modell deutlich höher als bei den Vollversorgungsverträgen. Viele Kolleginnen und Kollegen mussten dennoch erst überzeugt werden. Heute ist das einfacher: Patientinnen und Patienten sind froh, wenn sie überhaupt noch eine Hausarztpraxis finden die Nachfrage nach stabiler Versorgung steigt.
Berndt: Alle Verträge wurden über inzwischen mehr als 15 Jahre hinweg stets einvernehmlich und ohne ein einziges Schiedsverfahren abgeschlossen! Das ist ein beachtlicher Beleg für das Vertrauen, die Dialogbereitschaft und das gemeinsame Verantwortungsbewusstsein aller Beteiligten. Einfach ein partnerschaftlicher Geist.

„Das Vertrauen aller Vertragspartner zueinander war und ist die Grundlage, um den Vertrag mit Leben zu füllen.“

Thorsten Schmidt

Ist diese gute Zusammenarbeit ein Grund für den HzV-Erfolg?
Seeger: Natürlich. Wir haben damals die Chance genutzt, ein neues Kapitel für die Zusammenarbeit aufzuschlagen, was wir bis heute weiterführen.
Berndt: Wir verfolgen alle ein gemeinsames Ziel: eine gute, verlässliche Versorgung. Wir ziehen alle an einem Strang.
Gieseking: Die Zusammenarbeit erfolgt auf Augenhöhe. Jeder bringt seine Expertise ein, jeder verfolgt das Ziel, Versorgung besser zu machen ohne große politische Grabenkämpfe.
Schmidt: Das Vertrauen aller Vertragspartner zueinander war und ist die Grundlage, um den Vertrag zur Hausarztzentrierten Versorgung mit Leben zu füllen und permanent weiterzuentwickeln.

„Die HzV stärkt gerade im Bereich der Vorsorge und bei der Früherkennung von Krankheiten die Patientinnen und Patienten.“

Jan Seeger,
stellvertretender Vorstandsvorsitzender der AOK Niedersachsen

Die AOK hat auf Grundlage der Zahlen aus dem Jahr 2022 eine Evaluation der HzV durchgeführt. Was sind die wichtigsten Erkenntnisse aus der Untersuchung?
Seeger: Dass die HzV gerade im Bereich der Vorsorge und bei der Früherkennung von Krankheiten die Patienten stärkt.
Schmidt: Das ist deutlich zu sehen: Die Teilnahme von Patientinnen und Patienten an der Prävention ist höher, zum Beispiel bei der Darmkrebsvorsorge, beim Hautkrebsscreening und den Impfungen. Zudem reduzieren sich vermeidbare Krankenhausaufenthalte.

„Die Patienten sind als aktiver Teil eingebunden das verändert auch das persönliche Gesundheitsverhalten.“

Dr. Matthias Berndt,
1. Vorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbands Niedersachsen

Decken sich diese Ergebnisse auch mit Ihren Erfahrungen aus der Hausarztpraxis?
Berndt: Absolut! Wir sehen, was wir immer vermutet hatten: mehr Check-ups und Impfungen. Die Patienten sind als aktiver Teil eingebunden das verändert auch das persönliche Gesundheitsverhalten.

Wie kommt es, dass die Teilnehmenden im HzV-Programm eher älter sind? Ist das Angebot für jüngere Patientinnen und Patienten nicht attraktiv genug?
Berndt: Das war von Seite der Kassen so vorgesehen. Ältere Menschen sind kränker, damit häufiger in der Praxis. Das macht sie zu einer Zielgruppe, in der sich die strukturierten Leistungen der HzV besonders sinnvoll und kontinuierlich anwenden lassen.

Bewerben Sie als AOK das Angebot explizit auch bei jüngeren Mitgliedern?
Seeger: Wir bewerben die HzV – jedoch in einem größeren Kontext.

„HzV ist ein Erfolgsmodell durch die Verbesserung der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität.“

Dr. Matthias Berndt

Wie beurteilen Sie – auch mit Blick auf die Evaluation – die HzV heute?
Berndt:
Sie schafft Verlässlichkeit, kurze Wege, klare Zuständigkeit und mehr Prävention. Die Menschen wissen: Ihre Hausarztpraxis kennt sie, begleitet sie – und steuert, wenn es nötig ist. All das wirkt sich positiv auf die Gesundheit der Patienten aus, wie die AOK-Auswertung belegt.
Schmidt: Diese Arzt-Patienten-Konstellation stärkt und anerkennt die Stellung der Hausärztin und des Hausarztes als Vertrauensperson und fachlichen Koordinator einer flächendeckenden medizinischen Grundversorgung. Unterm Strich profitieren Arzt und Patient. Heute kann ich bestätigen, dass die HzV Sinn macht. Unser Gesundheitssystem wird immer komplizierter und die Patientinnen und Patienten brauchen jemanden, der sich auskennt und der weiß, welche Behandlung im Einzelfall notwendig ist. Dies leistet die HzV.
Berndt: Übrigens: Als Praxis waren wir ab dem ersten Tag mit dabei, da ich inhaltlich seit jeher von einem Primärarztsystem überzeugt bin. Seit zehn Jahren verhandle ich nun gemeinsam mit Carsten Gieseking die HzV-Verträge in Niedersachsen und sehe, wie das konstruktive Miteinander von AOK, KVN und Hausärzteverbänden Ergebnisse hervorbringt, die meine ursprünglichen Erwartungen übertreffen. Struktur- und Prozessqualität sowie Honorarsituation in den Hausarztpraxen sind angestiegen.

Die HzV ist für Sie als Hausärzte also ein wirtschaftlich interessantes Angebot?
Berndt:
Ja – ohne die zusätzlichen Einnahmen für die zusätzlichen Leistungen im Rahmen der 73b-Hausarztverträge können zahlreiche Praxen finanziell nur schwer überleben.
Schmidt: Für die Hausärztinnen und Hausärzte bietet die HzV eine höhere Vergütung und planbare Honorare nur so kann die Hausarztpraxis konstant hochwertige Leistung für ihre Patientinnen und Patienten erbringen und die Wirtschaftlichkeit der Praxis erhalten.

Was braucht es, um Herausforderungen wie demografischen Wandel oder zunehmende Multimorbidität im System zu meistern?
Schmidt:
Wir müssen die Erfahrungen der Hausärztinnen und Hausärzte aus der realen Versorgung aufnehmen und Versorgungsinnovationen schnell in den Verträgen implementieren.
Berndt: Ich erwarte insbesondere Module für geriatrische Betreuung, Heimversorgung, Palliativmedizin, psychosoziale Betreuung, Vorsorgeangebote und intersektorale Zusammenarbeit mit Krankenhäusern. Auch werden Delegationsmodelle in den Praxen unter der Einbeziehung von VERAHs oder Primary Care Managern (PCM) eine zunehmende Bedeutung erfahren. Nachdem wir in den Anfangsjahren unseren Fokus auf die Versorgung von Chronikern und Multimorbiden gelegt haben, schauen wir uns nun gemeinschaftlich spezifische Krankheitsbilder oder Problemfelder wie die Heimversorgung an. Aktuell arbeiten wir als Verband an neuen Modulvorschlägen für Hausärztliche Primärversorgungszentren (HPVZ) in Niedersachsen und an digitalen Versorgungskonzepten.

Welche Rolle spielt Ihr Verband, Herr Dr. Berndt, als Interessenvertretung der Hausärztinnen und Hausärzte für eine gelingende Weiterentwicklung der HzV?
Berndt:
Ohne die Mandatierung der Verbände vor 15 Jahren gäbe es formal keine Hausarztverträge in Niedersachsen. Ihre Inhalte wurden von Anfang an aus der Praxis für die Praxis im Verband entwickelt gemeinsam mit den Vertragspartnern. Und so soll das auch die kommenden Jahre weitergehen!
Gieseking: Die Verbände sind zentral. Wir bringen die Verträge auf den Weg, verhandeln wirtschaftlich tragfähige Module für die Praxen und gestalten Versorgungsrealität. Die HzV sichert der hausärztlichen Versorgung ganz wichtige finanzielle Mittel, die über klassische GOÄ- oder EBM-Systeme nicht abbildbar wären.

„Aufgrund der demografischen Entwicklung gilt es den Versorgungsgrad zu halten und somit ist die Patientensteuerung alternativlos.“

Jan Seeger

Wie beurteilen Sie die Planungen der Bundesregierung, eine stärkere Patientensteuerung einzuführen?
Seeger:
Aufgrund der demografischen Entwicklung in Ärzteschaft und Gesellschaft, gilt es, den Versorgungsgrad zu halten, und somit ist die Patientensteuerung alternativlos.
Berndt: Ja, sie ist absolut notwendig. Wir beweisen in Niedersachsen doch seit Jahren, dass hausärztliche Primärversorgung, Steuerung und Priorisierung funktionieren.
Gieseking: Mein Vorschlag: Bonus-Modelle für Patientinnen und Patienten, die sich einschreiben und sich leitliniengerecht verhalten – also nicht zu mehreren Hausärzten parallel gehen. Das wäre effizient und fair.
Schmidt: Durch eine ungesteuerte und medizinisch nicht indizierte Inanspruchnahme von Leistungen kommt es ja gerade zu unnötigen Arztbesuchen. Das ist bekannt. Dazu kommt der Nachwuchsmangel im ärztlichen Bereich und der Fachkräftemangel bei den Mitarbeitenden. Dies alles erfordert viel mehr als in der Vergangenheit ein zielgerichtetes und strukturiertes Management innerhalb des Gesundheitssystems. Die HzV leistet dies schon jetzt.
Seeger: Grundsätzlich sollten wir Leitplanken finden, die sich am medizinischen Bedarf orientieren und nicht am Geldbeutel des Patienten.

„Bei der Patienten­steuerung wären Bonus-Modelle für Patientinnen und Patienten, die sich leitliniengerecht verhalten, effizient und fair.“

Dr. Carsten Gieseking,
Hausarzt

Wird die freie Arztwahl dabei eingeschränkt?
Berndt: Nein, jeder kann den Arzt oder die Ärztin seiner Wahl auf der entsprechenden Versorgungsebene aussuchen. Es ist jedoch weder sinnvoll noch zielführend, wegen seit Wochen bestehenden Bagatellerkrankungen hochspezialisierte Krankenhausambulanzen aufzusuchen und damit wichtige Ressourcen zu blockieren.
Gieseking: Die freie Arztwahl bleibt erhalten nur eben strukturiert. Der Hausarzt überweist gezielt weiter, aber der Patient entscheidet, zu welchem Gebietsfacharzt er geht. Was nicht geht: drei Orthopäden für dasselbe Problem. Genau das verhindert die HzV!
Schmidt: Patientinnen und Patienten haben doch ein ureigenes Interesse daran, die notwendige Versorgung ohne große Hürden zu erreichen. Abgesehen davon macht für bestimmte Behandlungsanlässe ein Direktzugang natürlich Sinn. Fachärzte für Augenheilkunde, Frauenärzte, Kinder- und Jugendärzte, ärztliche und psychologische Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sollten weiterhin ohne Überweisung aufgesucht werden. Das lässt den Patientinnen und Patienten ihre Autonomie.

„HzV stabilisiert die Versorgung und gibt Planungssicherheit.“

Dr. Carsten Gieseking

Welche Rolle kann die HzV in Zeiten des Hausärztemangels spielen?
Gieseking: Eine maximale. Sie stabilisiert die Versorgung, gibt Planungssicherheit und macht den Beruf für junge Ärztinnen und Ärzte attraktiver.
Berndt: Die HzV schafft Verlässlichkeit und Struktur und sichert das wirtschaftliche Überleben der Hausarztpraxen.
Schmidt: Die Bürgerinnen und Bürger erwarten trotz aller Digitalisierung auch in der Zukunft die persönliche Zuwendung durch ihre Hausärztin oder ihren Hausarzt. Gerade für eine Gesellschaft, die im Durchschnitt immer älter wird, ist das eine wichtige Voraussetzung, damit die Versorgung der Bevölkerung auch künftig sichergestellt ist. Die HzV ist dabei ein ganz wichtiger Baustein.

Wie sehen Sie die weitere politische Entwicklung?
Schmidt: Die Politik muss eine echte Patientensteuerung einführen. Gesetzlich Krankenversicherte müssen verbindlich für die primäre Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen einen Vertragsarzt aus den zur Steuerung bestimmten Facharztgruppen wählen. Dieser übernimmt als erster Ansprechpartner die Steuerung der ambulanten Versorgung und koordiniert den weiteren Behandlungsablauf. Eine Patientensteuerung in der ambulanten Regelversorgung kann dazu beitragen, ärztliche und nichtärztliche sowie psychotherapeutische Kapazitätsengpässe zu reduzieren, unnötige medizinische Kosten zu vermeiden und die Versorgungsqualität zu stabilisieren.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Berndt: Ich wünsche mir, neben dem geplanten Primärarztsystem, die Fortführung der 73b-Verträge, da wir die HzV als Innovationsmotor für die Verbesserung des Gesundheitssystems benötigen.
Gieseking: Eine verpflichtende hausärztliche Steuerung, klare Überweisungslogik, transparent definierte Strukturen dann funktioniert das System.

Würden Sie es begrüßen, wenn mehr Praxen am HzV-Programm teilnehmen würden?
Schmidt: Uneingeschränkt ja.